Der Wind steht gut für Heger

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Um den enormen Energiebedarf, wenigstens zum Teil, zu decken, hat Heger im Mai vergangenen Jahres ein eigenes Windrad neben der Gießerei in Sembach errichtet. Die kommunale Fotovoltaikanlage fügt sich ins Gesamtbild des Gewerbeparks mit Schwerpunkt auf regenerativen Energien.

Dass er windige Geschäfte macht, kann man Johannes Heger wahrlich nicht nachsagen. Der Enkenbacher Unternehmer nutzt lediglich den steten Aufwind der Windenergiebranche. Seit fünf Jahren produziert seine Gießerei Heger-Ferrit in Sembach Naben für Windkraftanlagen – und das sehr erfolgreich. 80 Mitarbeiter sind dort mittlerweile beschäftigt, mit steigender Tendenz.

So schnell, wie das Wachstum der Firma derzeit ist, war auch die Entstehung. Ende 2007 hatte Johannes Heger, damals Geschäftsführer und Inhaber des Familienunternehmens Heger-Guss in Enkenbach, die innovative Idee einer Gießerei, in der das Werkstück zum Arbeiter kommt statt umgekehrt. Ein Konzept, das es weltweit noch nicht gibt, konnte er damals verkünden. Und das in seiner Einfachheit so genial war, dass sogar sein Vater Hans-Jakob Heger daran zweifelte. Doch jener musste sich eines Besseren belehren lassen – was er gern voller Stolz auf seinen Sohn tat. Nach nur einem Jahr Bauzeit wurde die Gießerei im September 2009 eingeweiht. Und lockte sogar den Ministerpräsidenten Kurt Beck nach Sembach. Die Investition von 25 Millionen Euro konnte Heger recht sorglos angehen, da diese Kosten durch einen Fünf-Jahres-Vertrag mit dem Auricher Windrad-Hersteller Enercon bereits gedeckt waren. „Enercon ist noch immer unser größter Kunde“, erzählt der 48-Jährige, „doch nun nach Ablauf der Vereinbarung haben wir Siemens und Vestas aus Dänemark als weitere Kunden gewonnen – und beliefern damit die drei größten Windradbauer Europas.“ Außerdem kam die Produktion von Motorblöcken für Dieselloks für General Electrics hinzu.

Die Sembacher Gießerei spezialisiert sich, im Gegensatz zur Enkenbacher, auf wenige große Gussformen, um damit eine hohe Stückzahl zu produzieren. „Das Stückgewicht lag anfangs bei acht bis zehn Tonnen, maximal waren 15 Tonnen möglich“, erläutert Heger. Doch für die rasant wachsende Windenergiebranche und die mit ihr wachsenden Windräder ist dies noch nicht genug. „Gerade im Off-Shore-Bereich“, Windparks im Meer, „sind mittlerweile noch größere Naben nötig. Wir haben es jetzt geschafft, das Maximalgewicht auf das Doppelte, also 30 Tonnen, zu erhöhen.“ Mit zwei Gießpfannen und zwei Kränen, die gleichzeitig im Einsatz sind, wird dies möglich.

„Das war anfangs nicht geplant“, macht Heger die rasante Entwicklung der Branche deutlich. Wie es dort weitergehen wird, mag der Unternehmer nicht einzuschätzen, aber seine Gießerei ist mit 30 Tonnen am Limit. Andererseits „gibt es weltweit dann vielleicht nur noch rund fünf Gießereien, die solch große Gussteile herstellen können“, sieht er eine Abhängigkeit der Windradhersteller entstehen.

Mit großen Zahlen kann der Unternehmer in jeglicher Hinsicht aufwarten: 54.000 Tonnen Guss sind bei einem Stromverbrauch von 44 Millionen Kilowattstunden in dem Sembacher Werk bisher erzeugt worden und sorgten für einen Umsatz von 103 Millionen Euro. Mit 50 Mitarbeitern war Heger 2009 in Sembach in die Produktion gestartet, alle branchenfremd und durch eine sechsmonatige Schulung der Arbeitsagentur zum Gießer qualifiziert. 80 Mitarbeiter sind inzwischen dort beschäftigt; weitere 160 arbeiten im Enkenbacher Stammwerk in der Produktion sowie 30 in der Verwaltung, so dass Heger insgesamt 270 Mitarbeiter zählt. „Und die Zahl wird steigen, da auch der Umsatz wächst“, prognostiziert der Geschäftsführer. Von diesem bis zum nächsten Jahr kalkuliert er mit einem Mengenwachstum von rund 25 Prozent, was ungefähr 20 Prozent mehr Mitarbeiter nötig macht. „Und schaut man auf zwei Jahre, von 2013 bis 2015, kommen wir sogar auf knapp 70 Prozent Umsatzsteigerung.“

Während Heger einerseits mit den Windradnaben an den regenerativen Energien beteiligt ist, verbrauchen die Gießereien andererseits enorm viel Energie: 30 Millionen Kilowattstunden im Jahr. „Das ist ungefähr soviel, wie eine Kleinstadt mit 27.000 Einwohnern verbraucht“, veranschaulicht der Ingenieur die Zahl. Deshalb ist das Unternehmen teilweise von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befreit. „Diese teilweise Befreiung – drei Prozent vom Umsatz – entspricht der durchschnittlichen Gewinnmarge der deutschen Gießereiindustrie“, erläutert er. Den Kritikern der Ausnahmeregelung für energieintensive Unternehmen nimmt er gleich den Wind aus den Segeln: „Wir zahlen immer noch rund 1250 Euro EEG-Zuschlag pro Produktions-Arbeitsplatz im Jahr.“ Und rechnet zum Vergleich vor: „Ein Vier-Personen-Haushalt ist durchschnittlich mit 280 Euro im Jahr, also 70 Euro pro Person, durch EEG-Zuschlag belastet.“ Zudem betreibt Heger für die Teil-Befreiung ein Energiemanagement, mit dem er sich verpflichtet, den spezifischen Energieverbrauch stets weiter zu reduzieren.

Doch das Unternehmen verbraucht nicht nur viel Energie, es produziert auch welche, und zwar regenerativ: Seit Mai 2013 deckt ein eigenes Windrad direkt neben Heger-Ferrit rund ein Drittel des diesjährigen Stromverbrauchs der Sembacher Gießerei. Die Nabe stammt natürlich aus eigener Produktion. Den Bau eines weiteren Windrades überlegt er, hat aber noch keine konkreten Pläne.

Da Heger an Global Player liefert – die Rotornaben sind für den europäischen sowie nord- und südamerikanischen Markt, die Motorblöcke gehen nach Asien sowie Nord- und Südamerika – braucht er sich um den Vertrieb keine Sorgen zu machen. „Jeden Tag verlässt eine 30-Tonnen-Windradnabe unsere Gießerei, 600 Naben werden es insgesamt im nächsten Jahr sein.“ Fast entschuldigend kommen Johannes Heger diese Worte über die Lippen, wohl wissend, dass Windenergie nicht nur Freunde hat. Doch letztlich, so hofft er, werden auch die politischen Fragen großräumiger entschieden und so die Bürger weniger provoziert. Damit weniger dicke Luft um die Windräder herrscht.

Quelle
Ausgabe: Nr. 224
Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung -
Von Gundula Zilm